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6 Dinge, die du nicht mit einer Leine tun solltest – Teil 2

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Dies ist der zweite Teil von “6 Dinge, die du nicht mit einer Leine tun solltest”. Den ersten Teil findest du HIER. 

4. Hinterherwerfen

Manchmal stolpere ich über den Tipp, die Leine zu werfen, um unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen, wenn der Hund abgeleint ist. Im besten Fall bedeutet das, den Hund mit der geworfenen Leine so zu erschrecken, dass er sein Verhalten einstellt – vorausgesetzt du kannst eine Leine so punktgenau werfen, dass sie neben deinem Hund landet. Kannst du das nicht, oder dein Hund bewegt sich, dann riskierst du damit, deinen Hund zu treffen. Dann geht diese Maßnahme schnell weit über das Erschrecken hinaus und tut dem Hund weh, vor allem wenn er vom Karabiner getroffen wird. 

Dass es einfach nicht okay ist, seinen Hund mit Gegenständen zu bewerfen und ihm damit Schmerzen zuzufügen, sollte hoffentlich jedem klar sein. Das gilt damit auch nicht nur für das Werfen der Leine, sondern auch für all die anderen Dinge, die Menschen nach ihren Hunden werfen (Discs, Rappeldosen und Co.). Außer Spielzeugen oder Futter – und dann natürlich NICHT, um ihn zu erschrecken – werfe ich grundsätzlich erstmal gar nichts nach meinem Hund. 

Aber selbst wenn du ein perfekter Werfer bist und genau weißt, wann sich dein Hund bewegt, bleibt der Sinn des Hinterherwerfens das Erschrecken des Hundes. Auch das birgt große Risiken. Sich zu erschrecken ist nicht angenehm und kann schon ausreichen, um unglückliche Fehlverknüpfungen bei deinem Hund auszulösen. Erschrecken treibt immer die Aufregung in die Höhe und Aufregung ist ein großer Faktor für das Entstehen von unerwünschtem Verhalten. Ein sehr aufgeregter Hund ist auch nicht mehr gut ansprechbar und reagiert impulsiv. 

Besonders gern wird das Hinterherwerfen der Leine auch empfohlen, wenn eine Rauferei zwischen Hunden droht. Das kann allerdings auch komplett nach hinten losgehen. Oft führt gerade das Erschrecken dazu, dass die Situation erst recht eskaliert. In eine eh schon so aufgeladene Situation sollte auf keinen Fall noch zusätzliche Aufregung hinein gebracht werden. 

Insgesamt wollen wir doch einen Hund haben, der gerne mit uns kooperiert und gelernt hat, sich sicher und entspannt in seiner Umgebung zu bewegen. Hat da ein Erschrecken des Hundes einen Sinn? Ich denke nicht. Hilft das Werfen der Leine dem Hund dabei, sich in Zukunft angemessener in dieser Situation zu verhalten? Nein. Gibt ein Schreckreiz deinem Hund irgendeine Information darüber, was er gerade stattdessen tun sollte? Ebenfalls nein!

Die Leine ist zum Sichern des Hundes da, nicht zum Verunsichern! 

Wenn du die Leine brauchst, um deinen Hund “unter Kontrolle” zu behalten, dann lass sie doch bitte einfach am Hund und mach sie gar nicht erst ab. Ist die Leine noch am Hund, kommst du auch nicht auf die Idee, sie ihm hinterher zu schmeißen. Sobald du deinen Hund abgeleint hast, bleibt die Leine besser bei dir – in der Hand, umgehängt, oder in der Tasche verstaut – bis du ihn wieder anleinst. 

Um unerwünschtes Verhalten zu verhindern, oder zumindest unterbrechen zu können, gibt es eine ganze Reihe nützlicher Signale, die du deinem Hund beibringen kannst. Im Zweifelsfall reicht es oft, den Hund anzusprechen oder abzurufen, um ihn aus einer Situation heraus zu holen. Um angespannte Situationen zu entspannen, kann ich dir zum Beispiel ein konditioniertes Entspannungswort empfehlen. Auf jeden Fall gibt es Mittel und Wege, die das Werfen von Gegenständen völlig überflüssig machen!

5. Unbeaufsichtigt anbinden

Wir kennen wahrscheinlich alle das Bild des angebundenen Hundes, der vor Supermärkten, dem Bäcker oder anderen Geschäften auf seinen Menschen wartet. Es ist und bleibt eine weit verbreitete Praxis, um “mal eben” was einzukaufen, wo Hund nicht mit hinein darf. Für den Menschen ist das eine praktische Lösung, um Gassi und Einkauf in einem Rutsch zu erledigen. Für den Hund hingegen ist es eine belastende und sogar gefährliche Situation!

Es gibt wirklich viele Gründe, warum ich komplett dagegen bin, den Hund unbeaufsichtigt anzubinden. Es mag die Hunde geben, denen es wirklich nichts ausmacht. Es mag auch Situationen geben, in denen es wirklich nicht anders geht und es ein Notfall ist. Es mag auch bestimmte andere Konstellationen geben, in denen ich einen Hund außerhalb meines Blickfeldes anbinden kann, ohne dass es gefährlich wäre. Um diese Ausnahmen geht es mir hier nicht. Mir geht es darum, dass sich Hundehalter ganz ernsthaft Gedanken darüber machen sollten, warum das Anbinden vor Geschäften problematisch ist.

Zunächst muss ich hier auf den Trennungsstress eingehen, den doch die meisten Hunde empfinden, wenn sie einfach so angebunden werden. Selbst die Hunde, die einfach sitzen und warten, haben oft doch Stress. Ihre Art, damit umzugehen, ist eben gesellschaftstauglich. Beobachtet man diese Hunde allerdings beim Warten und vor allem, wie sich ihr Verhalten und die gesamte Körpersprache verändert, wenn ihr Mensch wieder bei ihnen ist, wird doch klar, wie belastend die Situation für sie war. 

Genau da sind wir aber schon beim Hauptproblem: Der Mensch kann den Hund eben nicht beobachten! Er ist außer Sichtweite und hat keine Möglichkeit realistisch einzuschätzen, wie es dem Hund da draußen gerade geht, oder was gerade mit ihm passiert.

Da kommen wir dann auch zum nächsten großen Problem und das ist gar nicht der Hund selbst. Das wirkliche Problem und die größte Gefahr sind tatsächlich die anderen Menschen, die am Hund vorbei gehen. Oder auch nicht vorbeigehen, weil sie doch den armen, lieben Hund ein bisschen betüddeln wollen. Spätestens hier kann es gefährlich werden. Ohne ihren Menschen dabei und zusätzlich noch in einer so angespannten Situation, reagieren selbst Hunde, die sonst freundlich sind, mitunter ungehalten. Hinzu kommt, dass viele Menschen gar nicht wissen, wie man freundlich Kontakt zu einem Hund aufnimmt. Schnell passiert es, dass der Hund bedrängt wird und für ihn unangenehm gestreichelt wird. Das ist im besten Fall keine gute Lernerfahrung für den Hund. Läuft es schlecht, schnappt oder beißt der Hund eben zu und dann hat der Mensch ein richtig dickes Problem.

Gleiches gilt übrigens auch für andere Hunde, die vorbeikommen. Würdest du deine Hand dafür ins Feuer legen, dass dein angebundener Hund, der gestresst ist, weil er auf dich wartet, noch freundlich bleibt, wenn er von einem fremden Hund bedrängt wird? Und bis hierhin haben wir nur über Menschen gesprochen, die es gut mit deinem angebundenen Hund meinen! Ich will hier gar nicht im Detail darauf eingehen, was alles passieren kann, wenn jemand es böse meint. War es der Einkauf und die Zeitersparnis dann wirklich wert, dass der Hund vergiftet oder gleich ganz weg ist? Ich denke nicht.

Daher heißt meine ganz dringende Bitte: Binde deinen Hund niemals vor einem Geschäft außerhalb deiner Sicht- und Reichweite an! Das Risiko ist es wirklich nicht wert!

Wenn es machbar ist, dann lass deinen Hund einfach zu Hause. Trennungsstress ist in so gut wie allen Fällen trainierbar, so dass du wieder entspannt alleine einkaufen gehen kannst. Hast du eine zweite Person dabei, dann bitte sie, mit dem Hund draußen zu warten, oder dir etwas aus dem Geschäft mitzubringen, während du mit deinem Hund wartest. Sofern die Temperaturen das zulassen, kannst du deinen Hund lieber die paar Minuten im Auto lassen, als ihn anzubinden. Im Auto ist er zumindest geschützt und hat seine gewohnte Umgebung. Mit etwas Planung lässt sich das alles regeln, so dass dein Hund sicher und entspannt ist UND du deine Einkäufe erledigen kannst. Bitte tu das, deinem Hund zu liebe.

6. Anleinen als Strafe

Es ist ein weit verbreitetes Mittel, den Hund zur Strafe anzuleinen, wenn er sich im Freilauf daneben benommen hat, oder auf Rückruf nicht gleich gekommen ist. So sehr ich es befürworte, Hunde anzuleinen, die (noch) nicht gelernt haben, sich im Freilauf sicher zu bewegen – Bitte nutze das Anleinen NICHT als Strafe!

Wird das Anleinen als Strafe genutzt, können sich daraus einige Probleme entwickeln. Diese basieren in erster Linie darauf, dass der Hund durch Verknüpfung lernt. Er verknüpft, wann er angeleint wird und was danach geschieht. Leine ich ihn nun öfter mal “zur Strafe” an und schränke ihn so bewusst in seiner Bewegungsfreiheit ein, kann er ein paar ungünstige Verknüpfungen lernen:

Kommt dein Hund zu dir und wird direkt an kurzer Leine angeleint, bestrafst du damit in erster Linie mal das Kommen. Upsi. Zum Menschen kommen sollte doch eigentlich etwas Schönes für den Hund ankündigen, damit er oft und gerne in unserer Nähe ist. Bedeutet Nähe zum Menschen aber, dass die Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt wird, bleibt er doch lieber auf Abstand, so dass du ihn nicht anleinen kannst. 

So kann es auch passieren, dass dein Hund beim Rückruf nicht ganz zu dir heran kommt, damit du ihn nicht anleinen kannst. Das kann dir sogar passieren, wenn das Anleinen gar nicht als Strafe gemeint war. Was eine Strafe ist, entscheidet letztendlich aber dein Hund. Verknüpft der den Rückruf und das Kommen direkt mit dem Anleinen, wird er sein Verhalten entsprechend anpassen.

Was Hunde auch gerne mit dem Anleinen verknüpfen, sind bestimmte Stellen auf dem Spaziergang und bestimmte Dinge oder Lebewesen, die einem entgegenkommen. Hat dein Hund gelernt, dass er an der einen Ecke immer angeleint wird und es dann nach Hause geht, kann er das als Strafe empfinden. Auch eine Verknüpfung von Artgenossen oder Wild mit dem Anleinen kann vom Hund negativ empfunden werden.

Immer dann, wenn “Leine dran” auch “Spaß vorbei” bedeutet, wird es das Verhalten deines Hundes rund um das Anleinen beeinflussen und für dich problematisch machen. 

Ist dein Hund vom Trainingsstand einfach noch nicht so weit, dass er zuverlässig auf deine Signale reagiert und sich insgesamt angemessen im Freilauf bewegen kann, dann bleibt bitte die (Schlepp-)Leine am Hund, oder wird nur in entsprechend sicherem Gebiet abgemacht. Ja, auch bei gut trainierten Hunden kann es doch mal vorkommen, dass man sie irgendwo abholen und anleinen muss. Auch das sollten wir aber nicht als Strafe betrachten, sondern einfach als Management. Belohne deinen Hund, wenn er dann an der Leine mit dir mitgeht und sich vom Objekt der Begierde abwenden kann. Deine Einstellung zum Anleinen macht hier durchaus einen großen Unterschied.

Gestalte das Anleinen insgesamt so angenehm für deinen Hund, wie möglich. Kündige es an und belohne ihn dafür, dass er sich anleinen lässt. Zeige ihm, dass auch nach dem Anleinen tolle und spaßige Dinge passieren. Die Leine ist ein tolles Hilfsmittel und dein Hund darf lernen, dass es richtig toll ist, angeleint zu werden und an der Leine zu laufen. 


Das Fazit dieser Liste der Dinge, die du nicht mit einer Leine tun solltest, ist: Die Leine ist zum Sichern des Hundes da. Nicht mehr und nicht weniger. Setze sie genau dafür ein. Dein Hund wird es dir danken – und ich auch!