Fehler – ein Wort, das bei vielen von uns verdammt negative Gefühle auslöst. Das liegt daran, was wir – meist schon in der Kindheit – gelernt haben, mit diesem Wort in Verbindung zu bringen. Wenn auf Fehler oft genug Strafen und Beschämung gefolgt sind, ist das auch kein Wunder.
Aber was sind überhaupt Fehler?
Ob etwas ein Fehler ist, oder nicht, liegt immer im Auge des Betrachters. Was für den einen ein Fehler ist, ist für den anderen genau das Richtige. Falsch oder richtig sind keine festen Kategorien, die für jeden gelten.
Wenn du also siehst, dass dein Hund einen „Fehler“ macht, dann mache dir bewusst, dass das allein deine Interpretation auf Grundlage deiner eigenen Kategorien und Meinung ist. Für ihn ist es kein Fehler. Zumindest so lange nicht, bis er eine unangenehme Konsequenz dafür zu spüren bekommt. Doch selbst dann wird er niemals deine Kategorien von „falsch“ und „richtig“ verstehen oder übernehmen (können).
Wenn wir also festlegen, welches Verhalten unseres Hundes „richtig“ oder „falsch“ ist und dementsprechend auf unseren Hund einwirken, benutzen wir unsere Macht, die wir über ihn haben. Dessen sollten wir uns bewusst sein.
Im Sinne einer achtsamen Beziehung auf Augenhöhe halte ich es für unabdingbar, unsere Definitionen von „falsch“ und „richtig“ in Bezug auf unseren Hund gründlich zu überdenken. Soll unser Hund nicht einfach nur Befehlsempfänger sein, dem wir unsere eigenen Kategorien aufzwingen, müssen wir ein Stück weit weg von richtig und falsch.
Was meine ich nun konkret damit?
Müssen wir unseren Hunden wirklich immer vorgeben, was sie zu tun haben? Ich finde, in vielen Fällen ist das gar nicht nötig!
Wenn wir uns darauf konzentrieren, welche Funktion das gewünschte Verhalten für unseren Hund und für ein angenehmes Zusammenleben mit uns hat, können wir unsere engen Vorstellungen für Verhalten oft deutlich lockern. Wir können offen werden für das, was unsere Hunde uns anbieten.
Müssen wir unserem Hund wirklich sagen, was er „falsch“ gemacht hat? Ich finde, auch das muss nicht sein, vor allem nicht in Form aversiver Einwirkung auf den Hund!
Ist ein Verhalten für uns tatsächlich nicht ok, dann können wir unserem Hund auch einfach ruhig und freundlich mitteilen, was wir stattdessen gerne hätten – Notfälle jetzt mal ausgenommen, aber um diese soll es hier nicht weiter gehen.
Müssen wir unsere Hunde im Training überhaupt Fehler machen lassen? Auch hier sage ich klar: Nein, ich plane in meinen Trainings keine Fehler des Hundes hinein und schon gar nicht mit der Absicht, ihm dann entsprechend zu sagen, dass das falsch war!
Für das Wohlbefinden des Hundes UND für das zuverlässige Ergebnis des Trainings ist es am besten, das Training so aufzubauen, dass der Hund möglichst gar keine Fehler macht. Er hat nichts davon, das unerwünschte Verhalten weiter zu üben. Es ist nicht fair, ihn mit Absicht in diese Situation zu bringen. Management ist hier das Stichwort:
Fehler werden wenn irgendwie möglich von vorneherein vermieden. Ich bringe Alternativen bei, die meinem Hund in schwierigen Situationen helfen. Er darf gerne mitdenken und eigene Ideen einbringen. Mir bricht kein Zacken aus der Krone, wenn ich das tue.
Und wenn ich etwas „zum Spaß“ mit meinem Hund übe – das ist alles, was nicht wirklich für unseren Alltag notwendig ist, von kleinen Beschäftigungseinheiten, netten Tricks bis zu Hundesport – dann finde ich es erst recht unangebracht, den Hund in Fehler hineinrennen zu lassen und diese zu bestrafen. WIR haben uns das Spiel ausgedacht. WIR sind dafür verantwortlich, dass es nicht nur für uns ein Spiel ist, sondern auch unserem Hund Spaß macht.
Nein, wir können „Fehler“ nicht völlig vermeiden. Weder bei unserem Hund, noch bei uns selbst. Wir leben nicht im Labor, sondern in einer extrem komplexen Gesellschaft. Es wird immer wieder Situationen geben, wo wir nachher denken „Das war ein Fehler“.
Wir sollten uns nur bewusst sein, dass das UNSERE Bewertung der Situation ist. Wir sollten uns bewusst sein, dass WIR dafür verantwortlich sind, entsprechend vorausschauend zu handeln. Und letztendlich sollten wir vor allem fair unserem Hund gegenüber bleiben und „Fehler“ nicht zu ernst nehmen:
Wenn wir etwas als Fehler erkennen, dann nehmen wir ihn am besten einfach als Information, dass da eben noch was nicht so läuft, wie wir es gerne hätten. Nehmen wir Fehler nicht persönlich und wann immer es geht auch mit Humor.
Vielleicht können wir uns so auch selbst ein bisschen die erlernte Angst vor Fehlern nehmen.
Dieser Beitrag ist Teil des achtsamen Adventskalenders 2019.